Zur Kur im „Heilbad“ Mattighofen

Autor: Michael Stabauer

Was für die heutige Zeit ins Reich der Fantasie zu gehören scheint, war vor mehr als 160 Jahren reale Wirklichkeit. In dem 31 Seiten umfassenden Büchlein „Das Mattigmoosbad nächst Mattighofen in Oberösterreich im Innkreis, seine Heilkräfte, Wirkungen und Umgebung“ (erschienen 1853) heißt es am Beginn:

An der Stelle, wo das romantische Land Salzburg mit seinem nördlichsten Teile an den schönen Innkreis grenzt, breiten drei liebliche Seen sich aus: der Obertrummer-, Untertrummer- und Grabensee, miteinander zusammenhängend, auch den gemeinschaftlichen Namen Mattsee führen und einem kleinen Flusse, der Mattig, zum Ursprunge dienen. Letztere nimmt ihren Lauf durch den westlichen Teil des Innkreises, gibt dem von ihrem Ursprunge nur wenig über zwei Stunden entfernten freundlichen Markte Mattighofen den Namen, und ergießt sich unterhalb Braunau in den Inn.

In breiter Oberfläche den Sonnenstrahlen ausgesetzt, ist das durch die Mattig aus den bezeichneten Seen abfließende Wasser während der milderen Jahreszeit von sehr angenehmer Temperatur, die bis zu 18 Grad und darüber steigt; hiedurch wurden die Anwohner schon von jeher angezogen, während der wärmeren Jahreszeit diesen Fluss zum Baden zu benützen. Der Gebrauch des Flussbades in der Mattig war darum schon längst sehr beliebt, umso mehr, als die erprobte Nützlichkeit des Flussbades dem Mattigwasser auch schon seit vielen hundert Jahren den Ruf der Heilsamkeit erworben hatte.

In Absprache mit dem k.k. Bezirksarzt in Braunau Dr. Franz Spitaler errichtete der Mattighofner Apotheker Anton Langer (erster Bürgermeister von Mattighofen) im Jahre 1847 unter dem Namen „Mattigmoosbad“ diese Badeanstalt an der Mattig. Da sich diese für die leidende Menschheit so wohltätige Anstalt anfangs gleich großer Beliebtheit erfreute, wurde schon 1851 daneben ein Wohngebäude mit bequem eingerichteten Zimmern gebaut, in dem um 12 Uhr mittags und 7 Uhr abends entweder im Speisesaal oder auch auf dem Zimmer gespeist werden konnte. Der Speisesaal war mit einem Fortepiano versehen, Zeitungen lagen für die Gäste auf und zum Zeitvertreib war schon damals eine Kegelbahn angebaut.

In der Badeanstalt mit 14 Badezimmern konnten folgende Bäder genutzt werden:

  • Im Erdgeschoß: 2 Flussbäder, eines mit starkem Wellenschlag in der Mattig, das andere mit minderem Wellenschlag im Haus, wozu das Mattigwasser durch das haus geleitet wurde.
  • Eine kalte Douche (Dusche) mit einem feinen Spritzstrahl, mit einem stärkeren Regenstrahl und mit einem kräftigen Strahl.
  • Eine warme Douche, in der das Wasser mittels eines Thermometers nach Bedürfnis geregelt werden konnte.
  • Stahlbäder in zwei Badezimmern, in denen das eisenhaltige Quellwasser verwendet wurde.
  • Im ersten Stock: Wannenbäder in 10 Badezimmern mit einer oder zwei Wannen.
  • Dunstbäder, in denen die Temperatur der gelindern und wohltätigeren Wirkung halber selbst bestimmt werden konnte, um so den Heilzweck sicher zu erreichen.

Die Heilwirkung des Mattigwassers und der Stahlquelle:

Die Untersuchung des Mattigwassers ergab folgende chemische Bestandteile: kohlensaures Natron, kohlensaurer Kalk und Talkerde, schwefelsaurer Kalk, Kali, Magnesium, Kieselerde und Spuren von Eisen.

Kur Mattighofen BadhausDurch die richtige Anwendung dieses Heilwassers in den verschiedenen Bädern sollten vor allem folgende Krankheiten gelindert bzw. vollkommen geheilt werden: Gicht, Rheumatismus, Hämorrhoiden, Lähmung und Gelenksteifigkeit, Störungen bei den Verrichtungen der Unterleibsorgane und Menstrualbeschwerden. Nach Auskunft der Ärzte konnten seit dem Beginn der Anwendungen große Erfolge erzielt werden.

Beim Graben eines Brunnens neben dem Badehaus stieß man auf eine Quelle, die sehr eisenhaltiges, farbloses Wasser mit einer gleich bleibenden Temperatur von 9 Grad lieferte.

Die große Heilkraft dieses Wassers zeigte sich bei Blutarmut, Nervenschwäche, Bleichsucht, Unfruchtbarkeit, Muskelschwäche und vor allem bei Menschen mit schwächlicher Statur. Dieses Heilwasser konnte entweder in richtiger Dosierung getrunken oder im Stahlbad verwendet werden.

Um die Wirkung der verschiedenen Anwendungen zu gewährleisten, mussten folgende Baderegeln befolgt werden:

  • Vor dem Bad sollte jede stärkere Bewegung, jede Aufregung vermieden werden. Man sollte unbedingt vorher frühstücken, durfte aber keine geistigen Getränke zu sich nehmen.
  • Die beste Zeit des Badens war eine halbe Stunde nach dem Frühstück.
  • Die Temperatur der Bäder bestimmte der Badearzt individuell für jeden Gast.
  • Die bequemste Lage im Bad ist die sitzende; das Badewasser sollte bis zum Hals reichen.
  • Die Dauer des Bades richtete sich nach der Krankheit und je nachdem die Bäder kalt oder heiß waren.
  • Nach dem Bad sollte sich der Kranke sorgfältig abtrocknen und bei günstiger Witterung einen mäßigen Spaziergang machen. Schwächliche Individuen haben hingegen nach dem Bade der Ruhe zu pflegen.

Für die Dauer des Aufenthaltes wurden eigene Statuten verordnet, in denen neben den Formalitäten über Anmeldung , Benützung der Bäder, Aufsuchen des Badearztes udgl. vor allem die Nummern 7 und 8 bemerkenswert sind:

Nr.7: Findet sich der Badegast wegen Nichterfüllung seiner billigen Forderung in was immer für einer Art gekränkt, so wird der Badearzt und Eigentümer die Anzeige dankbar annehmen und jeder in seinem Fache den Beschwerden abhelfen.

Nr.8: Das Haus- und Gassenbetteln im Badeorte ist streng untersagt, und die Badegäste werden ersucht, Bettler abzuweisen und dem Eigentümer davon die Anzeige zu machen. Dagegen aber werden die Badegäste, die mehr oder minder mit Glücksgütern beteilt sind, ersucht, den Armen und Unglücklichen der Gemeinde ein menschenfreundliches Almosen zu steuern, welches am Freitage jeder Woche mit einer verschlossenen Büchse von einem hiezu eigens Aufgestellten eingesammelt und der Armenverwaltung zur Verteilung übergeben wird.

Im letzten Kapitel werden die Badegäste aufgefordert, in ihrer Freizeit zur Besserung der Heilung fleißig körperliche Bewegung zu machen. Zu diesem Zwecke werden Spaziergänge und Exkursionen in die nähere und weitere Umgebung empfohlen.

Nach einer genauen Beschreibung des landesfürstlichen Marktes mit der Probstei, dem Schloss und den prächtigen Markthäusern wird eine Wanderung oder Kutschenfahrt nach Uttendorf zum Schlosskirchlein vorgeschlagen. Insbesondere der Weg entlang des Siedelberges und der Mattig zu den preiswerten Gasthäusern Uttendorfs wird wegen seines vor den Strahlen der Sonne und auch vor dem Regen schirmenden Laubdaches empfohlen.

Auch der Besuch der Bezirksstadt Braunau, des Schlosses Hagenau mit seinen belebten Forellenteichen und dem berühmten Hagenauer Bier sowie des malerischen Klosters Ranshofen wird angeregt.

Als kurzer Spaziergang wird eine Wanderung zum herrschaftlichen Schloss Pfaffstätt beschrieben, wobei der Gast an einer sprudelnden Trinkwasserquelle vorbeikommt, die sommers wie winters eine gleichbleibende Temperatur von 7 Grad aufweist.

Die Besteigung des Buchberges, des Tannberges und des Haunsberges lässt sich mit geringer Mühe bewerkstelligen und wird durch eine wunderschöne Aussicht bis in die weiteste Ferne belohnt. Am Fuße dieser Berge liegt seeumschlungen der romantische Markt Mattsee mit einem Schloss und einem Collegiatsstift.

Mit einer Kutschenfahrt wird auch der Besuch der Stadt Salzburg sowie der Orte und Seen im Salzkammergut angeraten. In westlicher Richtung wäre eine Fahrt über Gundertshausen nach Tittmoning oder zur Grenzfeste Burghausen empfehlenswert.


Das Ende des Heilbades
(aus einem Artikel von OSR Franz Sonntag):

 

Nachdem noch um die Jahrhundertwende etwa 300 Gäste hier Heilung gesucht haben, dürfte der Kurbetrieb noch vor dem Beginn des ersten Weltkrieges eingestellt worden sein. 1872 wurde die Anstalt von Hrn. Heinrich Klinkosch, Schlossbesitzer in Pfaffstätt, erworben. Nach mehreren Besitzwechseln kaufte der Besitzer der Fa. Vogl 1917 die Badeanstalt, ließ sie zu einem Schwimm- und Wellenbad umbauen und stellte sie zur allgemeinen Benützung kostenlos zur Verfügung. 1929 erwarb das Badhaus die Familie Hofstetter, 1932 der Brauereibesitzer Matthias Fellner. Nachdem Hr. Karrer Adolf mit seiner Frau Helma das Gasthaus 1967 gepachtet hatten, kauften sie es schließlich am 15. April 1977. Schon 1969 wurde nach dem Unfalltod des damaligen Bademeisters der Badebetrieb endgültig geschlossen. 1998 übernahmen Herbert und Monika Karrer die Gastwirtschaft.

Zur Landesausstellung 2012 beabsichtigt der jetzige Besitzer, Schautafeln über die Geschichte anzufertigen, einen Barfußweg entlang der Mattig und im Fluss eine Kneippanlage anzulegen sowie Tröge mit Heilkräutern aufzustellen.

 

Ganz besonderer Dank gilt Hrn. OSR Franz Sonntag, dem bedeutendsten Historiker von Mattighofen und Umgebung, für seine wertvolle Unterstützung.

 

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